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1 LP -
SAWT 9537-A - (p) 1969
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1 CD -
3984-21798-2 - (c) 1989 |
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Heinrich Ignaz
Franz Biber (1644-1704) |
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Sonata St. Polycarpi à 9
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4' 25" |
A1 |
- Sonata für 8 Trompeten und Baß |
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Laetatus sum à 7
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9' 55" |
A2 |
- Kantate für 2 Bässe,
Solo-Violine, Bratsche, 2 Gamben, Baß und
Orgel |
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In Festo Trium Regium,
Muttettum Natale ä 6
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7' 15" |
A3 |
- "Dreikönigskantate" für 2
Soprane, 2 Flöten, 2 Oboen und Continuo |
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Requiem |
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25' 55" |
B1 |
für Soli (2 Soprane, Alt, Tenor,
Baß), Chor 5stimmig, Streicher, 3 Posaune,
Dulzian, Continuo und Orgel |
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- Introitus |
3' 54"
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- Dies irae
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7' 44" |
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- Domine Jesu Christe |
5' 06" |
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- Sanctus |
4' 24" |
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- Agnus Dei
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4' 43"
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Sonata |
Laetatus |
Festo |
Requiem |
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Max
van Egmond, Baß |
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x |
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Jacques
Villisech, Basß |
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Solisten
der Wiener Sängerknaben,
Sopran 1 und 2 |
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Solist
der Wiener Sängerknaben,
Alto |
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Kurt
Equiluz, Tenor |
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Wiener
Sängerknaben - Chorus Viennensis
/ Hans Gillesberger, Leitung |
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Concentus
Musicus Wien
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Josef Spindler, Trompete |
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Richard Rudolf, Trompete
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Hermann Schober, Trompete |
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Günter Spindler, Trompete |
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Anton Pichl, Trompete |
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-
Hans Pöttler, Trompete,
Tenorposaune*
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x* |
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-
Ernst Hofmann, Trompete,
Tenorposaune*
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x* |
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Andreas Wenth, Trompete,
Baßposuane*
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x* |
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-
Jürg Schaeftlein,
Barockblockflöte |
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Leopold Stastny, Barockblockflöte |
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-
Bernhard Klebel, Barockoboe |
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-
Karl Gruber, Barockoboe |
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-
Otto Fleischmann, Dulzian |
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-
Kurt Hammer, Barockpauken |
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Nikolaus Harnoncourt,
Violoncello, Baß-Viola da gamba* |
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x* |
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-
Nikolaus Harnoncourt, Diskant-
und Tenor-Viola |
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-
Eduard Hruza, Violone |
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-
Herbert Tachezi, Orgel |
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-
Alice Harnoncourt, Solo-Violine*,
Violine |
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x* |
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-
Walter Pfeiffer, Violine |
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-
Peter Schoberwalter, Violine |
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-
Stefan Plott, Violine |
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-
Josef de Sordi, Viola |
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Kurt Theiner, Tenorbratsche |
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-
Elli Kubizek, Baß-Viola da gamba |
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-
Hermann Höbarth, Violoncello |
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x |
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Nikolaus
Harnoncourt, Leitung |
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Luogo
e data di registrazione
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Casino Zögernitz,
Vienna (Austria) - aprile e maggio 1968 |
Registrazione
live / studio
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studio |
Producer
/ Engineer
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Wolf
Erichson
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Prima Edizione CD
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Teldec
"Das Alte Werk" - 3984-21798-2 - (1 cd)
- 58' 00" - (c) 1998 - ADD
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Prima
Edizione LP
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Telefunken "Das
Alte Werk" - SAWT 9537-A
- (1 lp) - 44'
30"
- (p) 1969
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Notes
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Warum Biber zum Fest
des heiligen Polycarp eine derart
üppige Trompetenkomposition schrieb,
konnte bischer nicht geklärt werden.
Mehrere Möglichkeiten bieten sich an:
die Olmützer oder Kremaierer
Bischofskirche könnte Reliquien dieses
Heiligen, eines Bischof's von Smyrna
im 2. Jahrhundert, besessen haben, so
daß sein Tag besonders feierlich
ausgestattert wurde, oder aber,
Polycarp war eine Art von Schutzpatron
der Trompeten, für dessen Fest sie
alle ihre Kräfte aufboten. - Es ist
interessant, daß Biber in seiner
Handschrift dieser Sonata eine genaue
Anweisung für die Aufstellung der acht
Trompeten gibt. "Das Tromba 1 et 2
auch 5 undt 6, alle wier müssen
beysammen stehen; undt Tromba 3, 4, 7,
8 auch beysammen, denn sie gehen in
Tripla ad duos choros", das heißt der
3/2 Takt ist doppelchörig angelegt. Er
will also die einander antowortenden
Gruppen geradezu im Sinne der
Stereophonie aufgestellt wissen, damit
es gleichsam von allen Seiten in den
Kirchenraum töne. In diesem Stück, in
dem dem Komponisten die Beschränkung
der Instrumente auf die Naturtöne die
strengstern Fesseln auferlegt, zeigt
sich Bibers große Meisterschaft; dazu
kommt noch, daß er hier offenbar nur
über vier versierte Clarinspieler
verfügte, die übrigen vier Trompeter
aber nur die ersten sechs Naturtöne
spielen konnten, eine weitere
Beschränkung der Möglickeiten, die
Biber durch den bei Trompetenmusik
durchaus ungevöhnlichen Einsatz eines
Streichbasses und einer Orgel in
raffnierter Weise ausglich, da er so
über reichere harmonische
Möglichkeiten verfügen konnte.
Die Dreikönihskantate ist
eines der ganz wenigen Werke Bibers,
in denen et Holzblasinstrumente
verwendert. Seine Beschränkung auf
vorwiegend Streicher und Blechbläser
ist um so merkwürdiger, als er sowohl
in Kremsier als auch später in
Salzburg hervorragende Bläsergruppen
zur Verfügung hatte. Auch hatte sein
Lehrer, Schmelzer, zahlreiche Werke
für Zinken, Blockflöten, Piffari und
Fagott gerade für die Kremsierer
Kapelle geschrieben. Die Blechbläser
hat Biber keineswegs in ähnlicher
Weise aus seinem Schaffen
ausgeklammert, gibt es doch zahlreiche
Werke von ihm mit Trompeten und
Posaune. - Nun, diese
Dreikönigskantate ist ein
unzweifelhaft echtes Werk Bibers, wenn
sie auch nur in einer zeitgenöstichen
Abschrift überliefert ist. Die drei
Klanggruppen: die beiden
Knabenstimmen, die beiden
oktavierenden Blockflöten und die
beiden Oboen werden als gleichwertige,
einander antwortende Gruppen stets
paarweise eingesetzt. Es liegt auf der
Hand, daß die Hirteninstrumente, die
Oboen und Flöten, mit ihren einfachen
Terzen pastoralweihnachtliche Stimmung
erzeugen sollen, während die beiden
Knabenstimmen einen Abglanz des von
Engeln gesungenen weihnacjtlichen
Gloria darstellen. Formal ist diese
Kantate, wie fast alle Werke Bibers,
auf das feinste ausgewogen und zeigt
die barocke Vorliebe für Symmetrie des
Aufbaus. Das Werk besteht aus sechs
Teilen, deren letzter textlich eine
Doxologie, ein Lobspruch auf die
Heilige Dreifaltigkeit ist. Dabei
verwendet Biber ein gregorianisches
Deo gratias als Melodie, da die
zweiste Textzeile ohnehin ein
tropiertes - (um das Melisma zu
textieren durch zutätzliche Worte
aufgefülltes) - Deo gratias darstellt.
Musikalisch ist dieser Scglußteil eine
Art Coda, die außerhalb des
symmetrischen Baues steht. Dieser ist
durch die beiden identischen
Alleluja-Sätze im Dreivierteltakt
eingerahmt. In Zentrum steht das
Adagio "intrantes simul stabulum"
(gemeinsam betraten sie den Stall).
Die beiden Allegro-Teile "Tres regres"
und "Alleluja, in hoc Natali"
flankieren dieses Mittelstück.
Die Kantate "Laetatus sum"
liegt in Bibers eigener Handschrift
noch heute in den Notenbeständen der
Kremsierer Kapelle. Dieses unerhört
tiefe Werk ist ohne Bekanntschaft mit
Monteverdis Kompositionen, besonders
mit seiner Marien-Vesper, kaum
denkbar. Vor allen ist die Behandlung
der Singstimmen durch Monteverdi
beinflußt. Interessant ist die
Instrumentation mit vier Violen da
gamba, deren verinnerlichter Klang ein
wirksamer und sinnvoller Gegensatz zu
den tiefen Mämmerstimmen und der
jubilierenden Solo-Violine derstellen
soll. In diesem Work werden also ganz
bewußt und formildend drei Chöre oder
Klanggruppen einander
gegenübersgestellt: die beiden
Vokalbässe, die Continuo begleitete
Soloviolint und das Violinquartett. An
den Höhepunkten vereinigen sich diese
drei klanglich völlig verschiedemen
Gruppen. Diese Kantate ist musikalisch
wesentlich größer angelegt als die
freundlich naive Dreikönigskantate.
Dem Text entsprechend ist sie auch
musikalisch in fünf Abachnitte
gegliedert, die allerdings nahtlos
ineinander übergehen und nur am Takt-
und Tonartenwechsel (D-dur, A-dur)
erkenbar sind. Der erste Teil
(Laetatus sum) ist von einem
instrumentalen Vor- und Nachspeil
eingerahmt. Der zweite Teil ist in
sich in zwei Abschnirte ("stantes
erant" mit dem Violinsolo und "in
atriis tuis") gegliedert. Der dritte
Teil steht im Sechsvierteltakt, er ist
in drei Teile ("Quia illic"), "Rogate"
mit dem die Bittgeste untermalenden
Bogenvibrato der Streicher und "es
abundantia") geteilt. Sowohl der
zweite als auch der dritte Teil werden
von einem Nachspiel mit virtuoser
Solovioline abgeschlossen. Der vierte
Teil besteht aus zwei Teilen, dem
vokalen "fiat pax" und einem "Sonata"
genannten, großangelegtem Nachspiel
der Violine. Den Abschluß bildet wie
bei der Dreikönigskantate, die
Doxologie, wohl aus musikalischen
Gründen textlich etwas abgeändert das
Lob der Heiligen Dreifaltigkeit.
Bibers fünfstimmiges Requiem
muß wohl zu den bedeutendstern und
tiefsten Werken der Kirchenmusik
gezählt werden. Abgesehen von der für
die damalige Zeit außerst weitgehenden
musikalischen Textdeutung werden hier
auch Wegr der klanglichen Auflockerung
in Soli und Tutti gefunden, die durch
ihren obligaten Charakter und ihre
Entsprechungen in der Instrumentation
weit über die alte deutsche
Kantoreipraxis der "Concertisten und
Ripienisten" (siehe Ehmanns bedeutende
Studie) hinausführen und schon die
wichtige formale Rolle der Solo- und
Chorpartien in den Kirchenwerken der
Wiener Klassiker ahnen lassen. - Die
Instrumentation ist im Prinzip
konservativ, mit Ripienposaunen für
die drei Unterstimmen und
colla-Parte-Streichern für den ganzen
Chor, dieses alte Schema wird
allerdings durch eine zusätzliche,
völlig selbständige Violinstimme in
gänzlich neuartiger Weise
durchbrochen. Außerdem gibt es einige
Instrumentalvorspiele und auch
selbständige solistische Stellen des
Streichquintetts, die das Werk formal
auflockern. Durch thematische und
kontrapunktische Verklammerung wird
die Geschlossenheit des Werkes
unterstricken.
Gerade für diese Musik erwies sich
unserer, seit Jahren erhärtete,
kompromißlose den historischen
Gegebenheiten folgende
Aufführungspraxis als ideal. Mit
Frauenstimmen könnten unmöglich die
engelhaft-unschuldigen Passagen der
Dreikönigskantate adaequat dargestellt
werden, die auch klanglich den alten
Blockflöten und schalmeienhaften
Barockoboen entsprechen müssen.
Künstliche Naivität würde die einfache
Wahrhaftigkeit dieser Musik zerstören.
Auch aus rein musikalischen Gründen
mußten für diese Aufnahme
Originalinstrumente verwendert werden;
nur diese garantieren die vom
Komponisten gewünschte Balance und die
Verschmelzung und Erkennbarkeit der
verschiedenen Klangfarben, die ja
nicht nur Selbstzweck sind, sondern
gerade in diesen Werken eine eminent
formende Bedeutung haben. - Die
Trompetensonate kann, wenn sie, wie
Biber dies wünscht, auf acht
gleichartigen Instrumenten gespielt
werden soll, überhaupt nur mit
Naturtrompeten realisiert werden, da
die modernen Ventiltrompeten, die ja
nur halb so lang sind wie die altern
Naturtrompeten, in der Tiefe nicht
genügend Tonvolumen haben. - Es war
ein besonders glücklicher Umstand, daß
bei den beiden Werken mit
Streichinstrumenten, der Kantate
"Laetatus sum" und dem Requiem
ausschließlich Streichinstrumente der
Stainer-Schule, darunter drei
Instrumente von Stainers eigener Hand,
verwndet werden konnten. Wir wissen ja
aus Stainers Korrespondenz mit dem
Erzbischof von Olmütz, daß Biber
gerade diese Art von Instrumenten
bevorzugte, und daß er regen Anteil
nahm an Fragen des Klanges und des
Instrumentenbauers.
Nikolaus
Harnoncourt
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Nikolaus
Harnoncourt (1929-2016)
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