HARMONIA MUNDI
1 LP - HMS 30 882 - (p) 1968
2 CDs - GD 77215 - (c) 1990

PARTITEN






Johann Sebastian BACH (1685-1750) Partita I B-dur, BWV 825

19' 07" A

- Praeludium · Allemande · Courante · Sarabande · Menuet I und II · Gigue
 


Partita V G-dur, BWV 829
20' 15" B

- Praeambulum · Allemande · Courante · Sarabande · Tempo di Minuetto · Passepied · Gigue







 
Gustav Leonhardt, Hapsichord (Martin Skowroneck, Bremen 1962 after the manner of J. D. Dulcken, Antwerp 1745)
 






Luogo e data di registrazione
Cedernsaal, Schloß Kirchheim (Germany) - 16/17 giugno 1968


Registrazione: live / studio
studio

Recording Supervision
Dr. Alfred Krings


Engineer
-


Prima Edizione LP
Harmonia Mundi | HMS 30 882 | 1 LP - durata 39' 22" | (p) 1968


Edizione CD
Deutsche Harmonia Mundi | LC 0761 | GD 77215 | 2 CDs - durata 63' 37" - 64' 29" | (c) 1990 | ADD

Cover Art

Anfag der Partita I, Zeitgenössisches Manuskript, Bayerische Staatsbibliothek, München


Note
Queste due Partite sono le medesime inserite nel box di 3 LPs Harmonia Mundi (HM 30 928 XK) che le raccoglie tutte e sei (BWV 825-830); la data di registrazione è desumibile nel libretto della pubblicazione in CD.














In den Jahren 1726-1731 veröffentlichte Johann Sebastian Bach seine 6 Partiten des 1. Teiles der "Klavierübung". Seine Zeitgenossen bewunderten sogleich die hohe Virtuosität und Kunstfertigkeit dieser Suiten. "Wer die Finger nicht besser zu versetzen weiß, wird schwehrlich unsers berühmten Herrn Bachens zu Leipzig Partien auf das Clavier spielen lernen können", schrieb der gelehrte Herr Mizler. Bachs erster Biograph Forkel ging sogar noch weiter: "Wer einige Stücke daraus recht gut vortragen lernte, konnte sein Glück in der Welt damit machen". Nicht in der Virtuosität liegt jedoch die Bedeutung der Partiten, obwohl vom Spieler eine hohe Beherrschung des Instruments verlangt wird. Ihr Sinn liegt im musikalischen Spiel des Geistes, das zwar wegen seiner "Galanterien" den Hörer mit französischer Eleganz einzunehmen vermag, das sich aber erst dem Lernenden und dem Kenner in seinen immer neuen künstlichen Verschlingungen, in seinen geordneten und klingenden Schönheiten ganz erschließen kann.
Schon die Tonartenfolge der sechs Partiten ist geistvoll angelegt: B c a D G e. Vom Zentrum B aus, mit Bedacht von Bach gewählt, erschließt sich nach zwei Seiten ein Tonraum, der durch immer größere Intervalle gewonnen wird: B - Sekund, c - a Terz, dann folgen Quart, Quint und Sext. Das griechische Hexachordum steht vor uns, wie ein Fächer vom Zentralton aus entfaltet. Vielleicht kann man hinter der aufwärtssteigenden Reihe von B bis e, ähnlich wie in der Tonfolge der englischen Suiten, ein Choral-Thema vermuten.
Wird dort der Anfang des Liedes "Jesu, meine Freude" eindeutig bezeichnet, so klingt hier ein Choral an. der mit seinem Text einen unmittelbaren Bezug zur Person des Komponisten geben kann: "Es ist genug, so nimm. Herr, meinen Geist".
Die Sätze der Partiten und ihre Reihenfolge orientieren sich am Vorbild der französischen Suiten. Regelmäßig erscheinen die Stammsätze Allemande, Courante, Sarabande und Gigue, letztere allerdings mit einer Ausnahme. Was die großen Einleitungssätze, die in jeder Partita eine andere Form aufweisen, jedoch schon andeuten, das wird in diesen durch die Tradition bestimmten Sätzen vollends deutlich: daß sich nämlich in den Partiten ein ganzes Kompendium von Formen und Ausdrucksmöglichkeiten gesammelt hat, das nach dem Vorbild einer viel älteren Zeit gerade in der Mannigfaltigkeit erfreuen soll. Die Variabilität geht so weit, daß nicht einmal zwei unter den vierzig Einzelsätzen in ihrer Anlage gleich sind.
Die Vorspiele der beiden Partiten unserer Aufnahme deuten schon durch ihre Benennung mit Praeludium und Praeambulum auf einen Unterschied hin. Während die Einleitung der B-dur-Partita ein gebundenes, singendes Cembalo-Stück darstellt, ist das Praeambulum der G-dur-Partita thematisch nicht gebunden, sondern stürmt in zunächst kurzen, dann endlosen Passagen dahin.
Die Allemande, in allen sechs Partiten als ruhiger Satz im geraden Takt geschrieben, weist trotz der so ähnlichen Tempi und Takte eine differenzierte rhythmische Gliederung auf. Dem ruhigen Spielwerk der Sechzehntel-Passagen in der Partita Nr. 1 steht ein reiches Figurenwerk von Triolen und Punktierungen, vielfach sogar dreistimmig geführt, in der 5. Partita gegenüber. Bei der Courante werden die Unterschiede schon im Namen deutlich. Nur zwei der Partiten tragen nämlich die alte französische Bezeichnung, hinter der sich jenes schwebende Wechselspiel zwischen 3/2- und 6/4-Takt verbirgt. Die anderen Partiten, so auch unsere beiden, gehören dem Typ der schnellen italienischen Correnta an, die in unserer 1. Partita im 3 4-Takt in laufenden Triolen, im Gegenstück der 5. Partita in eilenden Sechzehnteln eines 3/8-Takts dahinzieht. Die Unterschiede findet man in der Sarabande, da die in G-dur ungewöhnliche Auftakte zeigt; in den Menuetten, wo wiederum das in G-dur die strenge Form verläßt und konsequenterweise mit Tempo di minuetto überschrieben ist, und schließlich in der Gigue. Während das Schlußstück der 5. Partita nämlich, wie es Tradition ist, als fugiertes, virtuoses Tanzstück erscheint, dessen zweiter Teil von Bach gar zu einer Doppelfuge gesteigert wird, ist der Schluß satz der I. Partita in seiner homophonen Anlage der italienischen Giga nahe verwandt. Das Spiel dieses Charakterstückes bietet dem Spieler mit dem Überschlagen der Hände interessante Spielprobleme, dem Hörer zugleich ungewohnte ätherische Klänge.
Dem Kenner vermögen die Bachschen Partiten über die klingenden Formen und Ausdrucksweisen hinaus geistige Anregung zu geben. Allein hinter dem Schema der Proportionen und Taktzahlen erstecken sich nicht hörbare geheime Spiele, an denen Bach sicherlich seine Freude hatte. So haben die beiden ersten Sätze der B-dur-Partita 21 und 38 Takte. Die genannten Zahlen sind aber die Ziffern für vier Buchstaben des Alphabetes, die aneinandergereiht B - A - C - H ergeben. Die Sarabande dieser Partita besteht aus 28 Takten. Es erscheint hier also die doppelte Summe der gesammelten Namens-Zahlen des Thomaskantors "Bach". Im letzten Satz der Partita erscheint mit der Zahl 48 das Produkt dieser Zahlen 1, 2, 3 und 8. Ähnliche Zahlen-Spiele kann man auch in anderen Partiten finden. So mag sich hinter der ungewöhnlichen Takt-zahl von 95 im Praeambulum in der Quersumme 14 wiederum die Summe des Bachschen Namens verstecken. Dieses manchmal erheiternde Zahlenspiel hat Bach Wohl bis in seine letzten Lebensjahre hinein gern betrieben, da es sich auch in seinen späten Werken findet.