HARMONIA MUNDI
1 LP - HMS 30 881 - (p) 1965

MUSICA SCHOENBORNIANA







Antonio VIVALDI (1678-1741) Concerto g-moll für Violoncello, Streicher und Basso continuo
8' 33" A1

- Allegro · Largo · Allegro




Concerto G-dur für Violoncello, Streicher und Basso continuo
9' 55" A2

- Allegro · Siciliano · Allegro



Sonata C-dur für zwei Violinen und Basso continuo
9' 00"
B1

- Allegro · Adagio · Allegro · Largo · Allegro



Sonata g-moll für Violoncello und Basso continuo
12' 49" B2

- Preludio-Largo · Allemanda-Andante · Sarabanda-Largo · Gigue-Allegro







 
Anner Bylsma, Violoncello
Franz-Josef Maier, Violine
Sigiswald Kuijken, Violine
Hoerst Beckedord, Violoncello
Gustav Leonhardt, Cembalo
Collegium aureum
- Franz-Josef Maier, Konzertmeister
- Sigiswald Kuijken, Jan Reichow, Ruth Nielsen, Doris Wolff-Malm, Brigitte Seeger, Violine
- Günter Lemmen, Frany Beyer, Viola
- Hoerst Beckedorf, anner Bylsma, Violoncello
- Rudolf Schlegel, Kontrabaß

Die Mitglieder des Collegium aureum spielen auf altitalienischen Streichinstrumenten in originaler kurzer Mensur.

 






Luogo e data di registrazione
Cedernsaal, Schloß Kirchheim (Germany) - 1968


Registrazione: live / studio
studio

Recording Supervision
Dr. Alfred Krings | Dr. Karl Hahn


Engineer
Hubert Kübler


Prima Edizione LP
Harmonia Mundi | HMS 30 881 | 1 LP - durata 40' 17" | (p) 1968


Edizione CD
Nessuna riedizione in CD è al momento conosciuta

Cover Art

Schloß Pommersfelden, Treppenhaus


Note
-













Concerti und Sonaten von Antonio Vivaldi
Musik Antonio Vivaldis in Schlössern der Grafen von Schönborn - das birgt Reize wie Spannungen unvorstellbarer Art! Hier eine altadelige Familie, der die Rhein- und Mainlande im Zeitalter Vivaldis nicht nur sechs profilierte geistliche Fürsten, darunter drei Kurfürsten, sondern darüber hinaus an die tausend gewichtige Baundenkmäler verdanken, die ihren Landschaften das entscheidende antlity gaben - dort "bloß ein Musiker", über dessen Lbensweg nur ein schwaches Dutzend Jahreszahlen orientiert; von seinem Geburstag, dem 4. März 1678 zu Venedig, über eine beillufige Priesterkarriere, neben Musikdiensten zu Venedig, für Mantua, über Reisen, Editionen, Begegmungen, eine päpstliche Mißbilligung seines Opernschaffens und seiner dienstlichen Nachlässigkeit - (eine Anna Giraud soll ihm einige Söhne geboren haben) - bis zur Mittellosigkeit, von der ihn der Tod in Juli 1741 ib Wien erlöste.
Obgleich alle sieben Neffen des Kurfürsten Lothar Franz, dem Bauherrn des Schlosses pommersfelden, irgendwann als Vivaldi in Venedig wirkte, ihm hier hätten begegnen können, gibt es keinen Beleg dafür, so wenig wie den für einen Besuch Vivaldis in Schönbornschen Landen. Nachweisbar hingegen sind indirekte Beziehungen: der Kaufmann Regaznig in Venedig vermittelte schon von 1706 an Kunstgegenstände und Waren aller Art für die Mitglieder der Familie des Kurfürsten, wobei nach 1708 der Name Vivaldi wiederholt begegnt; so 1712 mit einer Bestellung eines Dutzends "de più nuovi Concerti del Vivaldi..." durch den Grafen zu Wiesentheid, in dessen Musiksammlung sich 16 Handschriften und ein Druck mit 12 Concerti Vivaldis erhalten haben. Der Graf, zeitlich einer der ersten "nobile dilettante di Violoncello", empfahl sich noch 1716 seinen Brüdern "auffs best Correlisch, Albinonisch, Mascittisch, Vivaldisch als ein trewester Violoncello", und es ist durchaus glaubhaft, daß er, dem das Schloß Pommersfelden 1746 als Erbe zufiel, dort seine Werke Vivaldis aufführen ließ. Darf dabei nicht übersehen werden, daß erst zu seiner Zeit die Musik im Begriff war sich als "Cavaliersjunst" zu emanzipieren und sich der "Personenkult" nicht auf Autoren, sondern auf Sängerinnen, Castraten und Virtuosen beschränkte - die Dienste der Musik waren eingebettet in das feste Gefüge des Hofzeremoniells.
Ganz anders stellt sich das Problem heute dar, nachdem Vivaldis Schaffen zumächst gründlich in totale Vergessenheit, dann in spekulative Abwertung geraten war. Der eklatante Aufschwung der Vivaldi-Renaissance läßt bewußt viele Fragen offen, und Spieler wie Hörer von heute Fühlen sich irgendwelcher Tradition gegenüber ungebunden. Dennoch äußert sich allenthalben eine gewisse Unsicherbeit, wenn Argumente genannt werden sollen, die die spezielle Bevorzugung Vivaldischen Schaffens rechtfertigen. Da ist seine unverkennbare Selbstsicherheit, die mit Motiven - Einfällen vom ersten Takt an fasziniert, sie keineswegs nur eben variiert, sondern schlicht "genial" fortführt und damit kongenial zeitgenössischen Schöpfungen wie den zauberhaften Stuckdecken (in Pommersfelden wie in Wiesentheid), gewissen Grundrissen, Gartenplänen angleicht - bald konkret mit Themen wie "Die vier Jahreszeiten", bald abstrakt in der Art dee perpetui mobile. Sein Erfindungsgeist - nicht immer frei von Routine-Arbeit - fasziniert durch die Ingeniosität von Details, die fesseln, überzeugen und haften bleiben. Damit tritt er den großen Duodezregenten aus der Familie der Schönborn unmittelbar zur Seite, indem er - wie sie - als echter Absolutist "in Gesten arbeitet", in einer musizistischen Geheimsprache, derem Artikulation unmittelbar "ins Blut übergeht".
Dr. Fritz Zoberley

Die beiden unveröffentlichten Cello-Konzerte in g-moll und G-dur zeigen mit ihrer Dreisätzigkeit die Vivaldische Konzertforms. Dem älteren Typ zu neigt das Konzert in g-moll. Das Tutti beschränkt sich in den Eclsätzen auf rhythmisch pointierte Ritornelle, die im 1. Satz die klangdichte Gruppe des Streicher-Apparates in scharfen Kontrast zum virtuosen Spiel des Solisten bringen und sich im 3. Satz in einer burlesken Jagd-Szene polzphon auflösen. Folgerichtig ist der 2. Satz eine Arie für den Solisten, die den italienischen Belcanto-Stil in tiefsinniger Weise auf das Violoncello überträgt.
Komplizierter ist der Bau des G-dur-Konzertes, da sich schon in der Tutti-Einleitung deutliche Gliederungen ergeben, und da das Tutti zum Spiel des Solisten weiter mit melodischen Figuren begleitend tätig ist. Es wird in diesem Satz sogar die musikalische Hauptrolle behalten, während der Solist mit Arpeggien und Laufwerk musikalische Kommentare gibt. Der 2. Satz ist ein wunderbares Siciliano in e-moll, das dem Solisten zu den Begleitfiguren der hohen Streicher Gelegenheit gibt, die hohen Lagen seines Instruments vorzuführen, wobei auch kantables Spiel kunstvolle Verzierungen nicht zu missen braucht. Der 3. Satz ist ein erstaunliches Fugato, aus dem sich mehrmals der Solist bald mit thematischem Speil, bald mit hoch-virtuosen Passagen lösen kann.
Ein altertümlisches Stück ist die Trio-Sonate in C-dur, die schon durch ihre komplizierte Stazfolge an das Schema der älteren Kirchen-Sonate erinnert. Der 1. Satz bezieht sich in einer mit freien Passagen beginnenden Einleitung auf die Toccata. Die Einleitung endet in einem seuzenden Adagio. Ein Fugato folgt, das in einem langen Orgelpunkt mündet und ziemlich abrupt schließt. Ein empfindsames Adagio in e-moll entschädigt für den robusten Stil des Fugato. Der sanften Schönheit dieses Satzen kontrastiert das emsige Spielstück, mit der die Sonate ausklingt.
Auf den Zusammenhang der norditalienischen Kunst um 1700 mit der französischen Instrumentalmusik verweist die herrliche Cello-Sonate in g-moll. Nach einem Präludium folgen die klassischen Sätze einer franzosischen Suite mit Allemanda - Sarabanda und Gigue.