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3 LPs
- HM 30 928 XK - (p) 1971
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2 CDs -
GD 77215 - (c) 1990 |
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CLAVIERÜBUNG -
ERSTER TEIL
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Johann Sebastian
BACH (1685-1750) |
Partita
I B-dur, BWV 825
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21' 17" |
A |
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Praeludium · Allemande · Courante ·
Sarabande · Menuet I und II · Gigue |
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Partita
II c-moll, BWV 826 |
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21' 43" |
B |
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Sinfonia (Grave-Adagio-Andante) ·
Allemande · Courante · Sarabande ·
Rondeau · Capriccio |
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Partita
III a-moll, BWV 827 |
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21' 43" |
C |
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-
Fantasia · Allemande · Courante ·
Sarabande · Burlesca · Scherzo ·
Gigue |
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Partita
IV D-dur, BWV 828 |
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24' 25" |
D |
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Ouverture · Allemande · Courante ·
Aria · Sarabande · Menuett · Gigue |
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Partita V G-dur, BWV 829 |
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20' 15" |
E |
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Praeambulum · Allemande · Courante ·
Sarabande · Tempo di Minuetto ·
Passepied · Gigue
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Partita VI
e-moll, BWV 830 |
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27' 25" |
F |
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Toccata · Allemande · Courante · Air
· Sarabande · Tempo di Gavotta ·
Gigue |
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Gustav Leonhardt,
Hapsichord (Martin Skowroneck, Bremen
1962 after the manner of J. D. Dulcken,
Antwerp 1745) |
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Luogo
e data di registrazione |
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Cedernsaal, Schloß
Kirchheim (Germany):
- 16/17 giugno 1968 (Partita I
& V)
- 11/12 febbraio 1970 (Partita III
& VI)
- 3/6 settembre 1963 (Partita IV)
Schloß
Queekhoven, Breukelen (Holland):
- 28 febbraio / 1 marzo 1964
(Partita II) |
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Registrazione: live
/ studio |
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studio |
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Recording
Supervision |
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Dr. Alfred Krings
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Engineer |
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Prima Edizione LP |
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Harmonia Mundi | HM
30 928 XK [HM 30 505 - HM 30 506 -
HM 30 507] | 3 LPs - durata 43'
00" - 46' 08" - 47' 40" | (p) 1971
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Edizione CD |
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Deutsche Harmonia
Mundi | LC 0761 | GD 77215 | 2 CDs
- durata 63' 37" - 64' 29" | (c)
1990 | ADD |
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Cover Art
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Note |
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Questa pubblicazione
raccoglie le 6 Partite; quattro di
queste sono già state pubblicate:
- HMS 30 882 (Partita I & V) -
(p) 1968
- HM 30 661 (Partita IV) - (p)
1964
- HM 30 670 (Partita II) - (p)
1964
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In den Jahren
1726-1730 hatte Johann
Sebastian Bach seine sechs
Partiten einzeln
veröffentlicht. 1731 gab er
sie als opus I gesammelt im
Selbstverlag heraus und gab
ihnen den Titel
"Clavier-Übung". Abgesehen
von zwei frühen Mühlhausener
Ratswahlkantaten, war dies
der erste Druck eines
Bachschen Werkes. Der
Thomaskantor konnte es als
opus I bezeichnen, da im
allgemeinen nur gedruckte
Instrumentalwerke um diese
Zeit solche Opuszahlen
erhielten. Mit dem Titel
aber knüpfte er sicherlich
bewußt an das Schaffen
seines Leipziger
Amtsvorgängers Johann Kuhnau
an, dessen Klaviersuiten
auch unter der Bezeichnung
"Clavier-Übung" erschienen
waren. Die Sammlung wurde
vier Jahre später im II.
Teil glanzvoll fortgesetzt
mit dem "Italienischen
Konzert" und der großen
Ouverture h-moll in
französischer Manier,
gedruckt 1735 in Nürnberg.
Im Eigenverlag erschien dann
wieder 1739 der III. Teil
der Clavierübung, bestehend
aus Präludium und Tripelfuge
Es-dur, den vier Duetten und
den Katechismus-Chorälen.
Der IV. und letzte Teil der
Clavierübung schließlich
enthält die
Goldberg-Variationen und ist
1742 wiederum in Nürnberg
erschienen. Was sonst von
Bach zu seinen Lebzeiten
gedruckt wurde und also,
wenigstens theoretisch, eine
größere Verbreitung hätte
finden können, sind einige
der Spätwerke, deren
Druckkosten Bach im
allgemeinen selbst trug. Die
Drucke sind schnell genannt:
Die kanonischen
Veränderungen "Vom Himmel
hoch", die sechs Choräle,
bei Schübler gedruckt und
heute noch dessen Namen
tragend, das Musikalische
Opfer, zwei Kanons, einige
Lieder im Schemelli'schen
Gesangbuch und schließlich
noch, allerdings von den
vorhandenen Druckplatten
erst nach seinem Tode
veröffentlicht: Die Kunst
der Fuge.
Konnten die späteren Drucke
in einer sidi wandelnden
Zeit wohl nur noch auf
Unverständnis stoßen, da man
in ihrem Verfasser einen
barocken Typ musikalischer
Gelehrtheit erblickte, so
fand der erste Teil der
Clavierübung noch ein
breiteres Echo. Die
Zeitgenossen bewunderten
sogleich die hohe
Virtuosität und
Kunstfertigkeit dieser
Suiten. "Wer die Finger
nicht besser zu setzen weiß,
wird schwehrlich unsers
berühmten Herrn Bachens zu
Leipzig Partien auf das
Clavier spielen lernen
können", schrieb der
gelehrte Herr Mizler. Bachs
erster Biograph Forkel ging
sogar noch weiter: "Wer
einige Stücke daraus recht
gut vortragen lernte, konnte
sein Glück in der Welt damit
machen."
Nicht in der Virtuosität
liegt jedoch die Bedeutung
der Partiten, obwohl vom
Spieler eine hohe
Beherrschung des Instruments
verlangt wird. Ihr Sinn
liegt im musikalischen Spiel
des Geistes, das zwar wegen
seiner "Galanterien"den
Hörer mit französischer
Eleganz einzunehmen vermag,
das sich aber erst dem
Lernenden und dem Kenner in
seinen immer neuen
künstlichen Verschlingungen,
in seinen geordneten und
klingenden Schönheiten ganz
erschließen kann.
Schon die Tonartenfolge der
Partiten ist geistvoll
angelegt: B c a D G e. Man
darf um so mehr einen Plan
dahinter vermuten, als die
dritte und sechste bereits
1725 im Notenbuch für Anna
Magdalena mit nur leichter
Änderung kleinerer Sätze
eingetragen worden waren, im
Zyklus der 6 Partiten aber
einen ganz bestimmten Platz
finden. Vom Zentrum B aus,
mit Bedacht von Bach
gewählt, erschließt sich
nach zwei Seiten ein
Tonraum, der durch immer
größere Intervalle gewonnen
Wird: B-c Sekund, c-a Terz,
dann folgen Quart, Quint und
Sext. Das griechische
Hexachordum steht vor uns,
wie ein Fächer vom
Zentralton B aus entfaltet.
Vielleicht ist es nur eine
Spekulation, wenn man hinter
der aufwärtssteigenden Reihe
von B bis e, die mit einem
Tritonus endet, wie in der
Folge der englischen Suiten
ein Choralthema vermutet.
Wird dort der Anfang des
Liedes "Jesu, meine Freude"
eindeutig bezeichnet, so
klingt hier ein Choral an,
dessen Text Zeichen eines
ganz unmittelbaren
menschlichen Rufens ist: "Es
ist genug, so nimm, Herr,
meinen Geist."
Die Sätze der Partiten und
ihre Reihenfolge orientieren
sich am Vorbild einer
französischen Suite, wie sie
nach dem Vorbild des L.
Couperin und J. J. Froberger
um 1700 auch in Deutschland
heimisch geworden war und
wie sie Bach selbst in
seinen sogenannten
"französischen Suiten"
vorgestellt hatte.
Regelmäßig erscheinen die
Stammsätze Allemande,
Courante, Sarabande und
Gigue, letztere allerdings
mit einer Ausnahme. Was die
großen Einleitungssätze, die
in jeder Partita eine andere
Form und Bezeichnung
aufweisen, jedoch schon
andeuten, das wird in diesen
durch die Tradition
bestimmten Sätzen vollends
deutlich: daß sich nämlich
in den Partiten ein ganzes
Kompendium von Formen und
Ausdrucks-möglichkeiten
gesammelt hat, das - nach
dem Vorbild einer viel
älteren Zeit - gerade in
seiner Mannigfaltigkeit
erfreuen soll. Die
Variabilität geht so weit,
daß nicht einmal zwei unter
den vierzig Einzelsätzen in
ihrer inneren rhythmischen
oder tonalen Struktur gleich
sind, obwohl doch die
traditionellen Sätze der
Suite sechsmal
beziehungsweise fünfmal
erscheinen.
Gleich die weitläufigen
Einleitungssätze weisen auch
in ihrem Großbau auf die
Breite der formalen
Gestaltung hin. Mit
Ouverture und Toccata gibt
es tradierte Schemata. Die
Ouverture erscheint
allerdings in einer leicht
abgewandelten Form: auf die
langsame, pathetische
Einleitung mit
scharfpunktiertem Rhythmus
folgt ein fugierter
schneller Teil, der so breit
angelegt ist, daß ein sonst
üblicher langsamer Abschluß
fehlen kann. Die Toccata
hingegen behält ihr bei den
deutschen Orgelmeistern um
1700 festgelegtes Schema
bei. Eingerahmt von zwei wie
improvisierend wirkenden
Abschnitten mit Arpeggien
und Laufwerk erhebt sich ein
kunstvolles Fugato.
Dreiteilig ist auch die mit
"Sinfonia" bezeichnete
Einleitung der Partita
c-moll. Bin siebentaktiger
Beginn gibt sich französisch
mit punktierten Rhythmen und
prägnantem akkordischen
Spiel: die Klavierfassung
eines Orchestersatzes. Doch
dann löst sich die
angestaute dynamische Kraft
in einem kantablen Andante
auf, dessen Oberstimme
kunstvoll koloriert ist.
Eine quasi-Kadenz in Takt 28
(!) leitet über zu einer
fugierten zweistimmigen
Invention, die an die Nähe
des wohltemperierten
Klaviers I erinnern mag.
Die Fantasie der dritten
Partita ist ein Duett, eng
verwandt den vier Duetten
des III. Teils der
Clavierübung. Nicht das
Ausspinnen von Melodien soll
hier versucht werden wie in
den zweistimmigen Teilen der
Sinfonia. Aus dem tonalen
Zentrum a wächst vielmehr,
abwechselnd in beiden
Stimmen, ein Figurenwerk,
das den harmonischen Raum
erschließt und von allen
Seiten beleuchtet. Dieser
Raum bleibt für Bachsche
Verhältnisse einfach, um so
erstaunlicher sind die immer
neuen Betrachtungen zum
Thema "a-moll".
Zwei Einleitungssätze hat
Bach "Vorspiel" benannt.
Doch auch hier fand er schon
in der Benennung
Unterschiede mit Praeludium
und Praeambulum. Das erste
ist ein gebundenes,
singendes Stück, das die
ganze Folge der Partiten
einleitet. Das Praeambulum
gibt dazu den schärfsten
Kontrast. Stürmende Passagen
und Arpeggien bis in die
Grenzlagen des Instruments
wachsen aus einem winzigen
Tonleitermotiv, dem Akkorde
antworten. Die wie
improvisierend
dahinziehenden Skalengänge
werden zu Zwischenspielen
gebändigt, doch auch nach
einer Fermate in Takt 86 (!)
behält der Satz sein
überschäumendes Spiel bis
zum Ende bei.
Die Allemande, in allen
sechs Partiten als ruhiger
Satz im geraden Takt
geschrieben, weist trotz der
ähnlichen Tempi und Takte so
differenzierte rhythmische
und metrische Gliederungen
auf, daß man eine planmäßige
Anlage der ganzen Sammlung
darin erkennen kann. Daß
nicht einmal die Taktzahlen
bei zwei der Sätze
übereinstimmen, erstaunt um
so mehr, als die Allemande
doch von einem Tanz
hergeleitet ist und in Bachs
Zeit auch ihren festgelegten
Affekt bewahrt hatte. Der
kunstvolle Zusammenhang
einer Suite, wie sie die
Partiten ja sind, erweist
sich gerade im abgewogenen
Wechsel der Tanzsätze und
der sich darin
manifestierenden Affekte.
Bach variiert jedoch darüber
hinaus innerhalb der einen
Form Allemande, indem er
rhythmische und polyphone
Strukturen von Partita zu
Partita wandelt. Er geht aus
vom ruhigen Spielwerk der
Sechzehntel-Passagen in der
Partita Nr. 1 und gelangt zu
komplizierten Mischungen mit
Punktierungen, Triolen,
Zweiunddreißigsteln. Daß die
Allemande am stärksten dem
Stil der Lautenisten und
Clavecinisten verhaftet ist,
rührt her von ihrer Herkunft
als originärem Klavierstück
im Gegensatz zu Courante,
Sarabande und Gigue und gibt
auch der Struktur der
Stimmen eine große
Freizügigkeit, die Bach für
sein variables Spiel
ausnjitzt. Kein Takt ist
gleich dem anderen, und das,
obwohl alle Tanzsätze
zweiteilig sind und also dem
Komponisten genug Raum für
Wiederholungen ließen. Man
erinnert sich an jenen
Theoretiker der Polyphonie
des 15. Jahrhunderts, der
diese radikale ››varietas«
als höchstes künstlerisches
Ideal hinstellte.
Bei der Courante werden die
Variationen schon im Namen
deutlich. Nur in zwei
Partiten tragen sie nämlich
die alte französische
Bezeichnung, hinter der sich
jenes schwebende
Wechselspiel zwischen 3/2-
und 6/4-Takt verbirgt. Dem
Typus der schnellen
italienischen Correnta
neigen sich andere Sätze zu,
die Bach auch Corrente
genannt hat. Doch geht er
über diese äußerlichen
Benennungen hinweg;
wichtiger sind da schon die
metrischen Angaben, die bei
den Partiten c-moll und
D-dur mit 3/2 der
französischen Courante
entsprechen und dieser auch
kunstvoll Ausdruck geben.
Bezeichnenderweise sind die
Einleitungssätze dieser
beiden Partiten in ihrem
Rhythmus schon deutlich
französisch pointiert. Die
beiden Partiten Nr. 1 und 5
mit den "Vorspielen" als
Einleitung geben sich ganz
italienisch. Die Corrente in
B zieht im 3/4-Takt mit
laufenden Triolen, die in G
in eilenden Sechzehnteln
dahin. Mischformen weisen
die Corrente beziehungsweise
die Courante in a- und
e-moll auf. Beide virtuos,
neigt die erste zu
schärferer Skandierung, die
zweite zu einem Spiel
kunstvoller Synkopierungen
auf Achteln, Sechzehnteln
und Zweiunddreißigsteln. Die
"varietas" setzt sich fort
in den sechs Sarabanden, die
in ihren feinen
Unterscheidungen den
Allemanden ähneln. Die Gigue
schließlich korrespondiert
mit der Courante. Die fünf
Tanzsätze unterscheiden sich
in den fünf Metren: c, 12/8,
9/16, 6/8 und 4/2. Den
4/2-Takt der Partita in e
hat Bach sehr altertümlich
mit der Bezeichnung (I)
ausgedrückt, die einmal
einem Dreiertakt galt.
Hinter den fünf Metren
verbergen sich fünf
Bauprinzipien. Klar hebt
sich die erste Partita ab.
Ihre Gigue ist eigentlich
eine Giga nach italienischem
Muster. Ein Spielstück ohne
polyphone Absichten, zieht
es mit nachschlagenden
Triolen dahin. Von den vier
fugierten Giguen weitet sich
die in G-dur im zweiten Teil
zu einer Doppelfuge. Die in
D-dur geht nicht ganz so
weit, sie beginnt ihren
zweiten Teil mit einem
Kontrapunkt zum Thema, der
allerdings sehr selbständig
durchgehalten wird. Die
deutlichsten Parallelen
entsprechend der
Verwandtschaft der Courante
zeigen die Partiten a-moll
und e-moll. Das Thema des
zweiten Teils ist ein
Spiegel des ersten Teils,
bei der 6. Partita
allerdings
erstaunlicherweise nicht in
der Dominant, sondern in der
Tonika.
Daß sich nach diesem
Reichtum der Formen die drei
Menuette unterscheiden, ist
einleuchtend. Das in B-dur
ist fast italienisch in
seiner tänzerischen
Leichtigkeit, das in D-dur
gemäß der Anlage der Partita
ganz französisch in seinem
gravitätischen Schritt,
während sich das in G-dur
schon in der Bezeichnung
Tempo di Minuetto und in
seinem schwebenden Rhythmus
zwischen 3/4 und 6/8 als
reines Spielstück zu
erkennen gibt. Bach
bezeichnet diesen
Schweberhythmus bei dem
"einstimmigen" Menuett durch
ein zweites Achtelfähnchen,
das er jedem dritten Achtel
mitgibt.
Die nun noch nicht genannten
"Galanterien" unterscheiden
sich in Namen, Rhythmus,
Affekt und Satzstruktur.
Zwei Tanzsätze werden
Passepied und Tempo di
Gavotta genannt, die anderen
Sätze sind geistvoll
virtuose Spielstücke und
heißen: Air, Burlesca,
Scherzo, Rondeau und
Capriccio.
Hinter der Vielfalt der
sechs Partiten aus dem I.
Teil der Clavierübung steht
ein fester Plan. In den
vierzig verschiedenen Sätzen
breitet Bach alle
künstlerischen Möglichkeiten
zum Thema der Suite aus, wie
er es später noch zum Thema
"Kanon" und zum Thema "Fuge"
tun sollte. Sein Panorama
vermeidet alle
Effekthascherei, wie man sie
auch in guten
zeitgenössischen Werken
finden konnte. Sein Witz,
etwa bei der Gigue in B,
beim Capriccio in c oder
beim Tempo di Minuetto in G,
bleibt geistreich und erfaßt
jede musikalische
Möglichkeit von Grund auf.
Nichts ist nur schimmernde
Oberfläche, wie die
Zeitgenossen sie, oft
allerdings auf höchstem
künstlerischen Niveau, in
französischer Musik der Zeit
bewunderten. Der tiefe
Ernst, der hinter solchen
Bachschen "Galanterien"
stand, mußte auch die
Zeitgenossen verständnislos
lassen, die den Belcanto
italienischer Opern
bewunderten. Einen
Formelschatz
zeitgenössischer Musik
benutzend, schreibt Bach,
der die Musik seiner
Zeitgenossen kannte und
studierte wie kaum ein
zweiter Komponist in Europa,
ein großes Opus, das aus dem
zeitgenössischen Stil
herauswächst und so zeitlos
ist, daß nach 240 Jahren
noch "Kenner" und
"Liebhaber" diese Musik als
etwas Großes und Neues hören
und entdecken. Sie vermögen,
wie es die Affektenlehre des
18. jahrhunderts es
wünschte, das Pathos, das
Tragische, das Schwermütige
und Heitere zu erkennen, das
hinter dieser menschlichen
Kunst steht.
Dem Kenner vermögen die
Bachschen Partiten über die
klingenden Formen und
Ausdrucksweisen hinaus
geistige Anregung zu geben.
Hinter dem Schema der
Proportionen und Taktzahlen
verstecken sich nicht
hörbare geheime Spiele, mit
denen Bach seiner Vorliebe
für die Zahlenkabbalistik
huldigte, mit denen er aber
auch, wie man gerade im Fall
der Matthäus-Passion
entdeckt hat, hintergründige
Zahlennetze für seine
Kompositionen aufstellen
konnte. Der I. Teil dieser
Clavierübung sollte mit dem
Namen Bach beginnen. So
haben die beiden ersten
Sätze der B-dur-Partita 21
und 38 Takte. Die genannten
Zahlen sind aber die Ziffern
für die vier Buchstaben des
Alphabets, die
aneinandergereiht B-A-C-H
ergeben. (A = 1, B = 2, C =
3, H = 8). Die wichtigste
Zahl, mit der Bach immer
wieder, auch in Kantaten und
Passionen, arbeitet, ist die
Zahl 14, die Summe der vier
Buchstaben seines Namens.
Gleich die Sarabande dieser
I. Partita hat 28 Takte = 2
x 14. Nun ist es nicht mehr
unverständlich, daß die
wichtige Kadenz in der
Sinfonia c-moll im Takt 28
liegt, daß die Ouverture in
D 112 Takte hat (8 X 14),
daß das Praeambulum in G 95
Takte zählt (9 + 5 = 14),
daß die wichtige Fermate in
Takt 86 (8 + 6 = 14) steht.
Die Produkte mit der Zahl 14
erscheinen noch im Rondeau
in c (112), in der Courante
in a (56), der Sarabande in
e (28), der Allemande in D,
dem Menuett in D (28), der
Allemande in G. Dabei wird
jeder Musiker bestätigen,
daß Proportionen mit der
Zahl 14 etwas
Außergewöhnliches
darstellen.
Wie die Summe, so eignete
sich auch das Produkt aus
den Namenszahlen (48) zu
musikalischen Spielereien.
Hier seien nur die folgenden
Sätze genannt: Gigue in B
(48), Capriccio in c (96),
Gigue in D (96), Passepied
in G (48). Daß die Summe
aller Taktzahlen die
Quersumme 14 ergibt, bleibt
als kleiner Spaß zum
Abschluß. Der eifrige Sucher
fragt noch, ob die Zahl der
vierzig Sätze (eine Änderung
gegenüber früheren
Manuskripten) etwa auf das
Alter von vierzig Jahren
hindeutet, in dem Bach
stand, als er die Sammlung
von "Galanterien" entwarf.
Alfred
Krings
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