MODERNE KLASSIKER


1 CD - 472 645-2 - (p) & (c) 2003

3 - MODERNE KLASSIKER | klarinette







Francis POULENC (1899-1963) Sonate für Klarinette und Klavier

14' 36"

- Allegro tristamente: Allegretto · Très calme · Tempo allegretto
5' 56"
1

- Romanza: Très calme
5' 27"
2

- Allegro con fuoco: Très animé
3' 05"
3

Karl Leister, Klarinette | James Levine, Klavier | Ensemble Wien-Berlin



Gerald FINZI (1901-1956) Konzert für Klarinette und Streichorchester
27' 48"

- Allegro vigoroso
8' 16"
4

- Adagio ma senza rigore 11' 21"
5

- Rondo · Allegro giocoso 8' 11"
6

Andrew Marriner, Klarinette | Academy of St Martin-in-the-Fields | Sir Neville Marriner, Dirigent


Witold LUTOSLAWSKI (1913-1944) Tanzpräludien für Klarinette, Harfe, Klavier, Schlagzeug und Streichorchester
9' 51"


- Allegro molto
1' 02"
7

- Andantino 2' 45"
8

- Allegro giocoso
1' 24"
9

- Andante 3' 10"
10

- Allegro molto · Presto
1' 30"
11

Eduard Brunner, Klarinette | Symphonie-Orchester des Bayerischen Rundfunks | Witold Lutoslawski, Digirent


Leonard BERNSTEIN (1918-1990) Prelude, Fugue and Riffs for solo clarinet and jazz ensemble

11' 50"

- Prelude for the Brass: Fast and exact 1' 54"
12

- Fugue for the Saxes: Exactly the same beat
1' 51"
13

- Riffs for Everyone
4' 30"
14

Peter Schmidl, Klarinette | Wiener Philharmoniker | Leonard Bernstein, Dirigent







 


 






Luogo e data di registrazione
- Salzburg, Aula der Universität | aprile 1989 | Poulenc (1-3)
- Watford, The Colesseum | giugno 1996 | Finzi (4-6)
- München, Herkulessaal | gennaio 1986 | Lutoslawski (7-11)
- Vienna, Musikverein, Großes Saal | ottobre 1988 | Bernstein (12-14)


Original Editions
- Deutsche Grammophon | 427 639-2 | 1 CD | (p) 1989 | DDD | Poulenc (1-3)
- Philips | 454 438-2 | 1 CD | (p) 1997 | DDD | Finzi (4-6)
- Philips | 416 817-2 | 1 CD | (p) 1986 | DDD | Lutoslakwsi (7-11)
- Deutsche Grammophon | 447 952-2 | 1 CD | (p) 1992 | DDD | Bernstein (12-14)


Edizione "Moderne Klassiker"

Universal Classics | 472 643-2 | LC 0173 | 1 CD | (p) & (c) 2003 | ADD/DDD | 0028947264323


Project
Christian Kellermann | Martin Hossbach | Justus Beier | Per O. Hauber


Direction
Justus Beier


Illustrations
Olaf Becker | Franz Scholz


Design
Olaf Becker | Becker-Design.net












ORIGINAL EDITIONS




MODERNE KLASSIKER: KLARINETTE
Aus der Mitte des 20. Jahrhunderts, genauer aus den 40er bis 60er Jahren, stammen die ausgesuchten Stücke für Klarinette, welche viele Möglichkeiten des Instruments, das dem Klang der menschlichen Stimme so nahe kommt, ausschöpfen. Zugleich ist diese Sammlung eine europäische Momentaufnahme jener Jahre aus England, Polen und Frankreich. Die Klarinette, die seit Mitte des 18. Jahrhunderts im Orchester verwendet wird, gibt einerseits romantische Naturstimmungen wieder und wurde ab 1930 zum Swing- und Jazzinstrument par excellence bis sie vom Saxophon abgelöst Wurde. Die wunderbare Balance zwischen U- und E- Musik hat Leonard Bernstein wie kaum ein anderer in der Schwebe gehalten. Wie auch kaum ein anderer hat er dadurch etwas für die Popularisierung der klassischen Musik getan (etwa durch seine Femsehvorträge). Wie ein Wirbelwind fegte er über die europäischen Opern- und Konzertbühnen und zeigte, dass jemand, der eines der erfolgreichsten und besten Musicals des 20. Jahrhunderts verfasst hat auch ein begnadeter Mahler- oder Strauss-Interpret sein kann. Bei Bernstein wurde der Broadway zum Konzertsaal. Wenn Bernstein guter Laune war, und das war er fast immer, waren seine Auftritte Sternstunden der Musik. Dann floss er über vor Liebe und Hingabe an die Klänge und an die Menschen. Sein Ende der 40er Jahre entstandenes Stück für Klarinette und Jazz-Ensemble ist ein perfektes Beispiel für seine animierende und mitreißende Musizierfreude.
Mit frechen und modernen Applikationen hat auch Francis Poulenc gerne seine Kompositionen versehen, darunter seine Sonate für Klarinette und Klavier (1962). Die Beschreibung als „Mönch und Lausbub" trifft wunderbar auf Poulenc zu. schließlich komponierte er eine unter Nonnen spielende Oper (Gespräche der Karmeliterinnen) und andererseits trieb er als Komponist durchaus seinen Schabernack mit dem Publikum, das er immer auf das reizvollste unterhielt. Nichts schien Poulenc mehr am Herzen zu liegen, als das geistvolle Amüsement seiner Zuhörer. Das fiel ihm leicht. Denn leicht fiel ihm von Anfang an alles in den Schoß: Gefördert von seinen Eltern, ausgebildet von einem der besten Pianisten, wurde Poulenc bald mit den Größen der Musikwelt bekannt und erlebte 1924., er war gerade erst 25 Jahre alt, mit einer Ballettkomposition für Diaghilews Ballets Russes seinen Durchbruch. Poulenc, zu dessen Göttern Mozart und Schubert gehörten, war trotz seiner scheinbaren Leichtigkeit ein tiefsinniger und anmutiger Komponist. Kaum bekannt ist hierzulande Gerald Finzi, der musikalische Erbe von Hols, Elgar und Vaughan Williams und wie diese ein getreuer Porträtist der englischen Landschaft. Ohne diese englische Landschaft konnte Finzi nicht sein, weshalb er sich immer wieder in die dörflichländliche Einsamkeit zurückzog. um dort seinen Studien älterer englischer Musik und Literatur nachzugehen. Für den überzeugten Pazifisten Finzi, dessen jüdische Vorfahren Mitte des 18. Jahrhunderts nach England eingewandert waren, boten die entlegenen Regionen und das einsiedlerische Landleben zugleich Obdach vor den politischen Wirren der Zeit. Weit ab von den musikalischen Zentren machte er sich Gedanken über die Aufgabe des Künstlers in den Zeiten des Krieges. Finzis Klarinettenkonzert, entstanden in den Jahren 1948/49, bietet eine instruktive Alternative zu Bernstein.
Wenige Jahre später, in den frühen 50er Iahren, als der Pole Witold Lutoslawski noch unter dem kommunistischen Regime zu leiden hatte, entstanden seine Tanzpräludien für Klarinette, Harfe, Klavier, Schlagzeug und Streichorchester. Wie Schostakowitsch in Russland hatte auch Lutoslaıwski unter dem Vorwurf des Formalismus zu leiden. Er weigerte sich standhaft, sich dem Diktat des Regimes zu unterwerfen und Auftragskompositionen anzufertigen, stattdessen schlug er sich mit Musik für Hörspiele und Schauspiele durch. Heute gilt er weltweit als der bedeutendste polnische Komponist seit Chopin.

MODERNITÄT KENNT KEIN ALTER
Keine Musik ist uns so nah wie Musik unserer Zeit. Moderne Klassiker sind Klassiker des 20.Jahrhunderts. Die Musik ist erst wenige Jahrzehnte alt und Schock und Erstaunen, die sie auslöste, gerade erst überwunden. Für uns zählen sie bereits zu den Klassikern: exemplarisch für unsere und ihre Zeit und revolutionierend für die Kunst. Die Auswahl der Beispiele zeigt, wie sich manche Instrumente erst im 20. Jahrhundert aus dem Orchesterplenum zu neuer Wirksamkeit emanzipierten und in Schlüsselwerken der Moderne hervortraten. Modernität kennt kein Alter.
Manche der hier vorgestellten Komponisten wirken wie Zeitgenossen von heute, andere verlieren in der Gegenüberstellung an Originalität. Alles findet sich in dieser Musik, die Gebrochenheit und Vielfältigkeit des 20. Jahrhunderts: Auflehnung und Provokation, innere Emigration, Anpassung und schöner Schein. Packend: Prokofieffs 2.Violinsonate trifft auf das fast gleichzeitig entstandene Violinkonzert seines Widersachers Kabalewski. Noch Jahrzehnte nach seiner öffentlichen Brandmarkung spürt man in Schostakowitschs Cellokonzert seine gebrochene Seele. Die späten Konzerte von Richard Strauss sind ein Abgesang auf eine untergegangene Welt, eine Welt, für die alle Komponisten nach neuen Gesangstönen suchten, sei es als ekstatischer Liebestaumel, als Schrei um Erbarmen vor dem Verdammtsein oder als pure spätromantische Schönheitstrunkenheit. Aber die Modernen Klassiker besitzen auch kauzigen Humor, Ironie und ein charmantes Unterhaltungsbedürfnis.
Rolf Fath