MODERNE KLASSIKER


1 CD - 472 644-2 - (p) & (c) 2003

6 - MODERNE KLASSIKER | oboe







Richard STRAUSS (1864-1949) Konzert für Oboe und kleines Orchester D-dur

26' 19"

- Allegro moderato
8' 37"
1

- Andante
9' 47"
2

- Vivace
4' 45"
3

- Allegro 3' 10"
4

Hansjörg Schellenberger, Oboe | Berliner Philharmoniker | James Levine, Dirigent



Francis POULENC (1899-1963) Trio für Klavier, Oboe und Fagott
13' 13"

- Presto: Lent · Presto · Le double plus lent · Presto 5' 26"
5

- Andante: Andante con moto 4' 39"
6

- Rondo: Très vif 3' 08"
7

James Levine, Klavier | Hansjörg Schellenberger, Oboe | Milan Turkovic, Fagott


Ralph VAUGHAN WILLIAMS (1872-1958) Oboe Concerto

18' 21"

- Rondo pastorale
7' 33"
8

- Minuet and musette
2' 47"
9

- Finale
8' 01"
10

Celia Nicklin, Oboe | Academy of St Martin-in-the-Fields | Sir Neville Marriner, Dirigent







 


 






Luogo e data di registrazione
- Berlin, Jesus-Christus-Kirche | maggio 1989 | studio | Strauss (1-4)
- Salzburg, Aula der Universität | aprile 1989 | Poulenc (5-7)
- London, St. John's Smith Square | 15 giugno 1977 | Vaughan Williams (8-10)


Original Editions
- Deutsche Grammophon | 429 750-2 | 1 CD | (p) 1990 | DDD | Strauss (1-4)
- Deutsche Grammophon | 427 639-2 | 1 CD | (p) 1989 | DDD | Poulenc (5-7)
- Argo | ZRG 881 | 1 LP | (p) 1977 | ANA | Vaughan Williams (8-10)


Edizione "Moderne Klassiker"

Universal Classics | 472 644-2 | LC 0173 | 1 CD | (p) & (c) 2003 | ADD/DDD | 0028947264422


Project
Christian Kellermann | Martin Hossbach | Justus Beier | Per O. Hauber


Direction
Justus Beier


Illustrations
Olaf Becker | Franz Scholz


Design
Olaf Becker | Becker-Design.net












ORIGINAL EDITIONS



MODERNE KLASSIKER: OBOE
Obwohl seit 1650 als Soloinstrument bekannt, wurde die Oboe in der Klassik und Romantik nur spärlich mit Sololiteratur bedacht. Erst im 20. Jahrhundert trat das Holzblasinstrument aus dem Orchesterplenum heraus und zu einem neuen Siegeszug an. Wie für so manches andere Instrument, dem er zu Individualität verhalf, schuf der erfindungsreiche Francis Poulenc mit seinem Trio für Klavier. Oboe und Fagott bereits 1926 für die Oboe ein selbstbewusstes, pfiffiges Stück. Poulenc war damals 27 Jahre alt und einer seiner größten Erfolge. das Ballett Les Biches, das er für den russischen Impressario Diaghilew und dessen Ballets Russes geschrieben hatte, lag immerhin schon zwei Jahre zurück. Poulenc war ein Kind des Erfolgs. Daher ist auch die Leichtigkeit zu erklären, mit der er gleichermaßen anmutige und kunstvolle Stücke zauberte und nie den Blick auf seine Zuhörer verlor. Einst ein Aushängeschild der Avantgarde-Gruppe Les Six kultivierte Poulenc einen eigenständigen, von keiner Mode angekränkelten Individualstil zwischen tiefer Religiosität und typischen französischen Charme. Während des Zweiten Weltkriegs bekannte er sich aktiv zum Kampf gegen die Okkupanten und schrieb auf Texte von Aragon und Eluard Werke für die Résistance.
Eines der zentralen Werke für die Oboe ist das Konzert für Oboe und kleines Orchester von Richard Strauss, das er 1945 als erstes Werk in seinem Schweizer Refugium komponierte. ein heiter-gelöstes Alterswerk mit allen Kennzeichen handwerklicher Meisterschaft und dem intensiv aufflackernden Elan des immensen Klangmagiers. Der Autor gewichtiger Tondichtungen und der Komponist archaisch-gewaltiger Musikdramen, beschränkte sich jetzt ganz bewusst auf „unliterarische", schön und leicht empfundene Musik. Der reduzierte und durchsichtigere Klangapparat wird nun allerdings von Strauss mit besonderer Feinheit verwaltet. Es war der Solo-Oboist des Philadelphia Orchestra, John de Lancy, der als in Garmisch stationierter GI den berühmten Komponisten bat. „a piece for oboe" zu schreiben. Alle Oboisten werden es dem GI und Strauss ewig danken. dass es auf diesem vernachlässigten Gebiet zu diesem brillant-herzerfrischenden Konzert kam. Wie verstand es Strauss doch. die technischen und klanglichen Möglichkeiten der Oboe in virtuosen Skalen und witzigen Sprüngen zu nützen, das Instrument „singen" zu lassen und die Themen der Solo-Oboe als einen Gruß von Mozart zu servieren. Das Rondo-Finale entwickelt eine purzelnde Buffolaune. In diesem Nachkriegsstück gewinnt der Bojährige Strauss nochmals seinen jugendlichen Elan zurück und überwand die schwere Stimmung seiner „Metamorphosen".
Ein Jahr zuvor, 1944, komponierte Ralph Vaughan Williams sein Oboenkonzert. Trotz aller lyrischen Qualität und spielerischen Delikatesse ein nostalgisches Stück. Auch ein durch und durch englisches Stück. Vaughan Williams wurde in Gloucestershire geboren, studierte in Cambridge und erhielt durch Maurice Ravel und Max Bruch musikalische Anregungen. Ab 1904. widmete er sich als Mitglied der Folk Song Society besonders intensiv der Sammlung und Veröffentlichung englischer Lieder und unterrichtete später am Royal College of Music in London. Bis zu seinem Tod 1958 galt er als Haupt der englischen nationalen Schule. Vaughan Williams, der auch als Musikschriftsteller hewortrat, merkte im Kriegsjahr 1942 zum Thema „Nationalismus und Unternationalismus" an. „Ist es möglich Nationalist und gleichzeitig Internationalist zu sein? Ich glaube, dass politischer Internationalismus und persönlicher Individualismus sich notwendigerweise ergänzen: der eine kann ohne den anderen nicht existieren. Ich glaube, dass alles, was in unserem geistigen und kulturellen Leben wertvoll ist, in unserem Heimatboden wurzelt, aber dieses Leben kann sich nur in einer Atmosphäre der Freundschaft mit anderen Nationen entwickeln. Unsere nationale Kunst darf kein ruhendes Gewässer sein, sondern sie muss ihren Teil beitragen zu dem großen Strom, der durch die Jahrhunderte geflossen ist. Wir dürfen nicht zu einem ununterscheidbaren Teil des allgemeinen Flusses werden".

MODERNITÄT KENNT KEIN ALTER
Keine Musik ist uns so nah wie Musik unserer Zeit. Moderne Klassiker sind Klassiker des 20.Jahrhunderts. Die Musik ist erst wenige Jahrzehnte alt und Schock und Erstaunen, die sie auslöste, gerade erst überwunden. Für uns zählen sie bereits zu den Klassikern: exemplarisch für unsere und ihre Zeit und revolutionierend für die Kunst. Die Auswahl der Beispiele zeigt, wie sich manche Instrumente erst im 20. Jahrhundert aus dem Orchesterplenum zu neuer Wirksamkeit emanzipierten und in Schlüsselwerken der Moderne hervortraten. Modernität kennt kein Alter.
Manche der hier vorgestellten Komponisten wirken wie Zeitgenossen von heute, andere verlieren in der Gegenüberstellung an Originalität. Alles findet sich in dieser Musik, die Gebrochenheit und Vielfältigkeit des 20. Jahrhunderts: Auflehnung und Provokation, innere Emigration, Anpassung und schöner Schein. Packend: Prokofieffs 2.Violinsonate trifft auf das fast gleichzeitig entstandene Violinkonzert seines Widersachers Kabalewski. Noch Jahrzehnte nach seiner öffentlichen Brandmarkung spürt man in Schostakowitschs Cellokonzert seine gebrochene Seele. Die späten Konzerte von Richard Strauss sind ein Abgesang auf eine untergegangene Welt, eine Welt, für die alle Komponisten nach neuen Gesangstönen suchten, sei es als ekstatischer Liebestaumel, als Schrei um Erbarmen vor dem Verdammtsein oder als pure spätromantische Schönheitstrunkenheit. Aber die Modernen Klassiker besitzen auch kauzigen Humor, Ironie und ein charmantes Unterhaltungsbedürfnis.
Rolf Fath