MODERNE KLASSIKER


1 CD - 472 642-2 - (p) & (c) 2003

7 - MODERNE KLASSIKER | querflöte







Francis POULENC (1899-1963) Sonate für Flöte und Klavier

12' 09"

- Allegro malinconico
4' 29"
1

- Cantilena: Assez lent
4' 07"
2

- Presto giocoso
3' 33"
3

Wolfgang Schulz, Flöte | Ensemble Wien-Berlin | James Levine, Dirigent



Claude DEBUSSY (1862-1918) Sonate pour flûte, alto et harpe
15' 23"

- Pastorale 5' 57"
4

- Interlude 5' 04"
5

- Finale 4' 22"
6

Osian Ellis, Harfe | Melos Ensemble


Albert ROUSSEL (1869-1937) Sérénade für Flöte, Harfe, Violine, Viola und Violoncello

15' 53"

- Allegro
3' 56"
7

- Andante
7' 54"
8

- Presto
4' 03"
9

Osian Ellis, Harfe | Melos Ensemble



Maurice RAVEL (1875-1937) Introduktion und Allegro für Harfe, Streichquartett, Flöte und Klarinette
11' 26" 10

Nicanor Zabaleta, Harfe | Monique Frasca-Colombier, 1. Violine | Marguerite Vidal, 2. Violine | Anka Moraver, Viola | Hamisa Dor, Violoncello | Christian Larde, Flöte | Guy Deplus, Klarinette



Toru TAKEMITSU (1930-1996) I Hear The Water Dreaming

10' 50" 11

Patrick Gallois, Flöte | Göran Söllscher, Gitarre | BBC Symphony Orchestra | Andrew Davis, Dirigent







 


 






Luogo e data di registrazione
- Salzburg, Aula der Universität | aprile 1989 | Poulenc (1-3)
- London, Walthamstow Assembly Hall | ottobre 1961 | Debussy (4-6) & Roussel (7-9)
- Paris, Notre Dame du Liban | ottobre 1966 | Ravel (10)
- London, Abbey Roas Studios, Studio One | settembre 1996 | Takemitsu (11)


Original Editions
- Deutsche Grammophon | 427 639-2 | 1 CD | (p) 1989 | DDD | Poulenc (1-3)
- L'Oiseau-Lyre | SOL 60048 | 1 LP | (p) 1962 | ANA | Debussy (4-6) & Roussel (7-9)
- Deutsche Grammophon | 139 304 | 1 LP | (p) 1967 | ANA | Ravel (10)
- Deutsche Grammophon | 453 459-2 | 1 CD | (p) 2000 | DDD | Takemitsu (11)


Edizione "Moderne Klassiker"

Universal Classics | 472 642-2 | LC 0173 | 1 CD | (p) & (c) 2003 | ADD/DDD | 0028947264224


Project
Christian Kellermann | Martin Hossbach | Justus Beier | Per O. Hauber


Direction
Justus Beier


Illustrations
Olaf Becker | Franz Scholz


Design
Olaf Becker | Becker-Design.net












ORIGINAL EDITIONS




MODERNE KLASSIKER: QUERFLÖTE
Die Flöte, einst sowohl als Göttergeschenk wie als Instrument der Götter verehrt und mit vielerlei symbolischen Bedeutungen versehen, erlebte den Höhepunkt ihrer Popularität im 18. Jahrhundert, wurde zum bevorzugten Modeinstrument der Liebhaber, Dilettanten und Virtuosen und setzte sich auch als Orchesterinstrurnent durch.
Es waren die französischen Impressionisten, die sich im 20. Jahrhundert vom delikaten Klang und den spieltechnischen Veränderungen der Querflöte inspirieren ließen und sie neu entdeckten. Beispielsweise Claude Debussy: in seinem 1892-94, entstandenen Vorspiel zum Nachmittag eines Fauns (Prélude à l'après-midi d'un faune) setzte er Flötentöne von geradezu unverschämter Lüsternheit und traumverlorener Laszivität ein. Aufreizenderes als diese Flötenklänge hatte man kaum gehöit. Kein Wunder, dass die Uraufführung auf geteilte Reaktionen traf: Begeisterung und Unverständnis. Debussy, der auch ein kluger Musikwissensehaftler war und sich als solcher Monsieur Croche nannte, werte sich 1901 gegen jeglichen akademischen Schematismus: „Mir sind einige Töne aus der Flöte eines ägyptischen Hirtenknaben lieber. Er gehört zur Landschaft und hört Harrnonien, die ihre Lehrbucher ignorieren". In der letzten seiner drei Sonaten, in denen er mit unterschiedlichen Besetzungsmöglichkeiten experimentierte, erzeugte Debussy im Zusammenspiel von Flöte, Harfe und Viola geheimnisvolle Stimmungen. Die 1916 uraufgeführte Sonate für Flöte, Viola und Harfe F-Dur erhält durch die Beteiligung der Harfe anstelle des konventionellerweise üblichen Klaviers einen durchaus ungewöhnlichen und reizvoll aparten Klang.
Ein ebenso raffiniertes Spiel der Klangfarben und schwebenden Rhythmen zeichnet Maurice Ravels Introduktion und Allegro von 1905 aus. 13 Jahre jünger als Debussy ließ sich Ravel von dessen Impressionismus inspirieren, aber auch von der Klanglichkeit russischer und spanischer Folklore und von den Einwürfen der modernen Unterhaltungsmusik bis hin zum Jazz. Wahrscheinlich haben diese bemerkenswert vielseitigen Einflüsse, die Ravel kunstvoll wie in einem magischen Teppich miteinander verknüpfte, zur großen Popularität Ravels (man denke nur an den Boléro) beigetragen, die ihn zu einem der meistgespielten Komponisten des 20. Jahrhunderts werden ließ. Äußerste Durchsichtigkeit, Vereinfachung und Konzentration, vielfach ein Merkmal französischer Musik, ist auch das Kennzeichen von Albert Roussels Musik. Im Gegensatz zu dem frühgenialen Ravel fuhr Roussel erst mehrere Jahre als Fähnrich zur See, bevor er 1893 als 25 jahriger die Marine gegen die Musik eintauschte. In der Musik des spätreifen Roussel finden sich impressionistische Anklänge ebenso wie neoklassizistische Nüchternheit. Die Flöte war eines der Lieblingsinstrumente Roussels, was man der höchst originellen Sérénade für Flöte, Harfe, Violine, Viola und Cello von 1925 denn auch deutlich anmerkt.
Witz und Trivialität, höchster Anspruch und geistreiche Unterhaltung bieten alle Stücke von Francis Poulenc, einem der Mitglieder der Groupe des Six. Als Musiker und Komponist standen Poulenc von Anfang an alle Türen offen: er wurde von seinen Eltern intensiv gefördert, war Meisterschüler des spanischen Klaviervirtuosen Viñes, war mit vielen Musikern befreundet und erlebte seinen Durchbruch mit der Musik, die er für den russischen Impressario Diaghilew und dessen Ballets Russes komponierte. Poulenc war ein brillant vielseitiger Komponist, der Ballette, Orchesterstücke und Opern (darunter Gespräche der Karmeliterinnen) schrieb, doch vor allem durch seine Lieder und seine Kammermusik überlebt hat. Wie wenigen Komponisten gelang ihm das Kunststück, pures Amüsement mit Witz und Tiefsinn zu verbinden. Ein Beispiel für die eminente Qualität seiner Kammermusik ist die aus der Mitte der 50er Jahre stammende Sonate für Flöte und Klavier.

MODERNITÄT KENNT KEIN ALTER
Keine Musik ist uns so nah wie Musik unserer Zeit. Moderne Klassiker sind Klassiker des 20.Jahrhunderts. Die Musik ist erst wenige Jahrzehnte alt und Schock und Erstaunen, die sie auslöste, gerade erst überwunden. Für uns zählen sie bereits zu den Klassikern: exemplarisch für unsere und ihre Zeit und revolutionierend für die Kunst. Die Auswahl der Beispiele zeigt, wie sich manche Instrumente erst im 20. Jahrhundert aus dem Orchesterplenum zu neuer Wirksamkeit emanzipierten und in Schlüsselwerken der Moderne hervortraten. Modernität kennt kein Alter.
Manche der hier vorgestellten Komponisten wirken wie Zeitgenossen von heute, andere verlieren in der Gegenüberstellung an Originalität. Alles findet sich in dieser Musik, die Gebrochenheit und Vielfältigkeit des 20. Jahrhunderts: Auflehnung und Provokation, innere Emigration, Anpassung und schöner Schein. Packend: Prokofieffs 2.Violinsonate trifft auf das fast gleichzeitig entstandene Violinkonzert seines Widersachers Kabalewski. Noch Jahrzehnte nach seiner öffentlichen Brandmarkung spürt man in Schostakowitschs Cellokonzert seine gebrochene Seele. Die späten Konzerte von Richard Strauss sind ein Abgesang auf eine untergegangene Welt, eine Welt, für die alle Komponisten nach neuen Gesangstönen suchten, sei es als ekstatischer Liebestaumel, als Schrei um Erbarmen vor dem Verdammtsein oder als pure spätromantische Schönheitstrunkenheit. Aber die Modernen Klassiker besitzen auch kauzigen Humor, Ironie und ein charmantes Unterhaltungsbedürfnis.
Rolf Fath