MODERNE KLASSIKER


1 CD - 472 646-2 - (p) & (c) 2003

8 - MODERNE KLASSIKER | harfe







Camille SAINT-SAENS (1835-1921) Konzertstück G-dur für Harfe und Orchester, op. 154

13' 54"

- Allegro non troppo · Allegro moderato 5' 01"
1

- Andante sostenuto
4' 20"
2

- Molto allegro quasi presto
1' 52"
3

- Allegro non troppo · Animato · Molto Allegro
2' 41"
4

Nicanor Zabaleta, Harfe | Orchestre National de l'ORTF, Paris | Jean Martinon, Dirigent



Germaine TAILLEFERRE (1892-1983) Concertino für Harfe und Orchester
17' 01"

- Allegretto 7' 46"
5

- Lento 4' 24"
6

- Rondo 4' 51"
7

Nicanor Zabaleta, Harfe | Orchestre National de l'ORTF, Paris | Jean Martinon, Dirigent


Joaquín RODRIGO (1902-1999) Concierto serenata für Harfe und Orchester
23' 20"


- Estudiantina. Allegro ma non troppo · Andante
7' 58"
8

- Intermezzo con aria. Adagio · Allegro moderato
9' 00"
9

- Sarao. Allegro deciso
6' 22"
10

Catherine Michel, Harfe | Orchestre National de l'Opéra de Monte Carlo | Antonio de Almeida, Dirigemt



Mario CASTELNUOVO-TEDESCO (1895-1968) Concertino für Harfe und Kammerorchester, op. 93
14' 49"


- Moderato. Quasi passacaglia
6' 12"
11

- Andante. Quasi recitativo
3' 46"
12

- Finale spagnolo. Ritmo di jota
4' 51"
13

Catherine Michel, Harfe | Orchestre National de l'Opéra de Monte Carlo | Antonio de Almeida, Dirigemt






 


 






Luogo e data di registrazione
- Paris, ORTF Studio | ottobre 1969 | Saint-Saens & Tailleferre (1-7)
- Monte-Carlo | dicembre 1973 | Rodrigo (8-10)
- Monte-Carlo | dicembre 1973 | Castelnuovo-Tedesco (11-13)


Original Editions
- Deutsche Grammophon | 2530 008 | 1 LP | (p) 1970 | ANA | Saint-Saens & Tailleferre (1-7)
- Philips | 6500 813 | 1 LP | (p) 1974 | ANA | Rodrigo (8-10)
- Philips | 6500 812 | 1 LP | (p) 1974 | ANA | Castelnuovo-Tedesco (11-13


Edizione "Moderne Klassiker"

Universal Classics | 472 646-2 | LC 0173 | 1 CD | (p) & (c) 2003 | ADD/DDD | 0028947264620


Project
Christian Kellermann | Martin Hossbach | Justus Beier | Per O. Hauber


Direction
Justus Beier


Illustrations
Olaf Becker | Franz Scholz


Design
Olaf Becker | Becker-Design.net












ORIGINAL EDITIONS



MODERNE KLASSIKER: HARFE
Die Wirren der Moderne und des 20. Jahrhunderts haben der Harfe wenig anhaben können. Das Instrument, das schon mit dem antiken Sänger Orpheus und mit König David in Verbindung begracht wurde, das in alten Orient sowie bei den Kelten in Irland auftauchte, von wo aus es in Europa bekannt wurde, büßte über die Jahrhunderte nichts an lautmalerischer Faszination ein.
Im 20. Jahrhundert erlebte die Harfe, die die Impressionisten für ihre klangmagischen Orchesterbilder neu entdeckt hatten, eine wahre Renaissance. Camille Saint-Saëns, der die Harfe in seinen späteren Werken mehrfach besonders würdigte, schenkte dem Instrument mit seinem späten Op. 154 von 1918 eines der bedeutenden Konzertstücke. Der noch tief im 19. Jahnrhundert verankerte Saint-Saëns, heute fast nur noch durch seine biblische Oper Samson und Dalila, seine Orgelsinfonie und natürlich den Karneval der Tiere bekannt, ist einer der wesentlichen Vertreter des Classicisme. Saint-Saëns wollte die französische Musik wieder auf ihre alten Formen zurückführen und der Sinfonik und Kammermusik, die in Frankreich bis dahin keine wesentliche Rolle spielten, zu neuem Glanz verhelfen. Möglicherweise ist der Klassizist Saint-Saëns eher als Wegbereiter eines neuen musikalischen Bewusstseins denn als komponist von Bedeutung. Doch nach seiner Initiative begannen sich die jungen Komponisten in Frakreich plötzlich wieder mit Couperin und Rameau, mit Lully und Gluck auseinander zu setzen. Saint-Saëns begann als Wunderkind und wurde zum Vater der französischen Moderne.
Ganz der französischen Tradition verpflichtet fühlte sich gut ein halbes Jahrhundert später auch die witzige, kapriziöse Germaine Tailleferre. Sie war die einzige Frau in der avantgardistischen Komponistengruppe Les Six, der auch Satie, Poulenc, Honegger und Milhaud angehörten. Die vielbewunderte Tailleferre war eine ungemein vielseitige Komponistin, die sich in allen Stilen und Moden, mit allen Techniken und Kompositions-methoden versuchte und deren Musik meist spritzig, humorvoll und spontan wirkte, so auch in ihrem Concertino.
Unter den spanischen Abendhimmel entführt uns Joaquin Rodrigo im ersten seiner beiden Konzerte für Harfe (1943), das wie alle anderen Stücke Rodrigos im Schatten des übermächtigen und weltberühmten Concierto de Aranjuez steht. Dieses 1940 entstandene Konzert für Gitarre und Orchester bleibt der unübertroffene Höhenpunkt im Schaffen des spanischen Komponisten, der als Dreijähriger erblindete, dennoch an der Pariser Sorbonne studierte und später hochgeehrt in seiner Heimat lehrte und zahlreichte wichtige Ehrenämter ausübte. Das Konzert von Aranjuez war Glück und Fluch für Rodrigo. Wie viele Komponisten, die einen großen Erfolg schufen, konnte er sich kaum aus dem Schatten dieses übermächtigen Welterfolgs befreien. Alles, was er später komponierte, musste sich an dem Konzert, das eine stimmungsprächtige Hommage an die Sommerresidenz der spanischen Könige war, messen lassen. Dabei war Rodrigo (1902-99), der fast das ganze 20. Jahrhundert erlebte, auch in seinen anderen Stücken ein ungemein phantasievoller und geschmackvoller Komponist, wie sein Concierto serenata beweist, ein wunderbares, atmosphärisch reiches Abendstück.
Wie viele seiner Kollegen, die nach Amerika emigrierten, arbeitete auch der in Florenz geborene Mario Castelnuovo-Tedesco in Hollywood in den 40er und 50er Jahren für den Film. Sein Concertino für Harfe und Kammerorchester op. 93 stammt aus dem Jahr 1937. Zwei Jahre später verließ der Jude Castelnuovo-Tedesco seine Heimat, kam zuerst nach New York, ließ sich bald in Beverly Hills nieder und wirde 1946 amerikanischer Staatsbürger. Das Konzert für Harfe, sozusagen ein wehmütiger Abschied von Europa, lebt von Castelnuovo-Tedescos Liebe zu Spanien und ist tief durehdrungen von spanischem Flair und iberischen Musikassoziationen.

MODERNITÄT KENNT KEIN ALTER
Keine Musik ist uns so nah wie Musik unserer Zeit. Moderne Klassiker sind Klassiker des 20.Jahrhunderts. Die Musik ist erst wenige Jahrzehnte alt und Schock und Erstaunen, die sie auslöste, gerade erst überwunden. Für uns zählen sie bereits zu den Klassikern: exemplarisch für unsere und ihre Zeit und revolutionierend für die Kunst. Die Auswahl der Beispiele zeigt, wie sich manche Instrumente erst im 20. Jahrhundert aus dem Orchesterplenum zu neuer Wirksamkeit emanzipierten und in Schlüsselwerken der Moderne hervortraten. Modernität kennt kein Alter.
Manche der hier vorgestellten Komponisten wirken wie Zeitgenossen von heute, andere verlieren in der Gegenüberstellung an Originalität. Alles findet sich in dieser Musik, die Gebrochenheit und Vielfältigkeit des 20. Jahrhunderts: Auflehnung und Provokation, innere Emigration, Anpassung und schöner Schein. Packend: Prokofieffs 2.Violinsonate trifft auf das fast gleichzeitig entstandene Violinkonzert seines Widersachers Kabalewski. Noch Jahrzehnte nach seiner öffentlichen Brandmarkung spürt man in Schostakowitschs Cellokonzert seine gebrochene Seele. Die späten Konzerte von Richard Strauss sind ein Abgesang auf eine untergegangene Welt, eine Welt, für die alle Komponisten nach neuen Gesangstönen suchten, sei es als ekstatischer Liebestaumel, als Schrei um Erbarmen vor dem Verdammtsein oder als pure spätromantische Schönheitstrunkenheit. Aber die Modernen Klassiker besitzen auch kauzigen Humor, Ironie und ein charmantes Unterhaltungsbedürfnis.
Rolf Fath